Freistellungsaufträge und die Banken … hmmm. Ja, irgendwann war da mal was. Oder hab ich so was am Ende doch nicht? Und wenn ja, wo hab ich denn den schon wieder abgelegt?

Grübeln Sie jetzt nicht weiter – wir klären das ganz einfach gemeinsam.

Aber von vorn:

Freistellungsaufträge. Das ist eine gute Sache.

Hiermit teilen Sie Ihrer Bank oder Ihren Banken mit, dass von Ihren Zinsen / Kapitalerträgen  kein  Steuerabzug vorgenommen werden soll.

Steuerabzug heißt:
Auf jegliche Zinsen aller Anlagen, die Sie zumindest im Inland haben, wird grundsätzlich pauschal ein Steuerabzug von 25 % vorgenommen.

Von 100 % Zinsertrag
verbleiben Ihnen also netto und werden an Sie ausbezahlt oder Ihnen gutgeschrieben nur noch 75 %.

Das macht die Bank / machen die Banken automatisch für Sie und Sie können zunächst erst mal gar nichts dagegen tun.
Der Steuerabzug von 25 % wird direkt an Mister Fiskus weiter gegeben.
Um es ganz genau zu sagen: der Steuerabzug nennt sich im Fachchinesisch Abgeltungsteuer.

Teilweise werden Sie auch das Wörtchen „Kapitalertragsteuer“ auf Ihren Auszügen oder Bescheinigungen der Bank lesen.

Jetzt haben Sie jedoch im Vorfeld die Möglichkeit, den Steuerabzug zu verhindern. Zu diesem Zweck kommt der Freistellungsauftrag ins Spiel.

Sie dürfen einen Betrag von 801,00 € pro Person ausschöpfen, Ehegatten / Verpartnerte also 2 x 801,00 € = 1.602,00 €.

Sind Ihre jährlichen Zinserträge also geringer oder gleich 801,00 €, vermeiden Sie mit dem korrekt ausgefüllten Formular „Freistellungsauftrag“, das die Banken für Sie vorrätig halten, komplett den Steuerabzug.

Ganz einfach ist es, wenn Sie Ihr ganzes Guthaben bei einer Bank haben:

einen Freistellungsauftrag bei der Bank in Höhe von 801,00 €  (Ehegatten / Verpartnerte 1.602,00 €) gestellt und schon haben Sie mit der Abgeltungsteuer nichts mehr am Hut.

Die Zinsen fließen Ihnen in voller Höhe zu.

Sind Ihre jährlichen Zinserträge höher als 801,00 € / 1.602,00 €, können Sie zumindest bis zu dieser Höhe die Abgeltungsteuer vermeiden.

Alles was Sie mehr an Zinsen einnehmen, unterliegt dann wieder dem 25 %igen Steuerabzug.

Bei Ehegatten bzw. Verpartnerten, die bei ihrer Einkommensteuererklärung die Zusammenveranlagung wählen, gibt es noch ein Schmankerl:
Der Ehegatte oder Partner, der seinen Betrag von 801,00 € nicht ausschöpft (weil seine Zinserträge geringer sind) stellt dem anderen Ehegatten oder Partner automatisch seinen nicht ausgeschöpften Betrag zur Verfügung. Damit hilft er ihm, auch über dessen 801,00 € hinaus, weiteren Steuerabzug zu verhindern.

Kein Steuerabzug erfolgt, alle Zinserträge blieben unter den Freibeträgen von 801,00 € / 1.602,00 €?
Prima, dann müssen Sie in Ihrer Einkommensteuererklärung grundsätzlich keine Anlage KAP für die Einkünfte aus Kapitalvermögen (so heißt das im Steuerjargon) abgeben.

Aber bitte bis zum Ende lesen! Auf die Ausnahmen komme ich zum Schluss noch zu sprechen!

Etwas komplizierter wird es nun, wenn Sie nicht alle Ihre Kapitalanlagen bei ein- und derselben Bank haben.

Dann dürfen Sie die Freistellungsaufträge geschickt verteilen. So geschickt, dass Sie nicht die Höchstbeträge in der Summe übersteigen.

Die Beträge kennen Sie nun schon im Schlaf: 801,00 € bzw. 1.602,00 € für Ehegatten.

Sie dürfen natürlich einen Freistellungsauftrag bei der Bank mit den höchsten Zinseinnahmen stellen und schöpfen den Höchstbetrag damit komplett aus.

Sie dürfen auch splitten, d. h. aufteilen. Bedenken Sie dabei, dass sich Zinssätze variabel verändern können nach oben oder nach unten und planen Sie Puffer für die Zukunft mit ein, damit Sie Ihre Rechenarbeit nicht jährlich wiederholen müssen.

Wenn Sie diese Arbeit also geschickt beendet haben, dürfen Sie sich gratulieren, denn das garantiert Ihnen, dass der Steuerabzug so gering wie möglich gehalten wird.

Was machen Sie nun, wenn Sie gar nicht wissen, ob und wie hoch Sie Freistellungsaufträge verteilt haben? Nun, ganz einfach: Fragen Sie alle Ihre Banken. Vergessen Sie dabei auch nicht Ihre Bausparkassen. Die haben Ihre Unterlagen und geben darüber aktuell Auskunft.

Dann verändern Sie ggf. Ihre bestehenden Freistellungsaufträge gemäß den oben gemachten Ausführungen. Puh, geschafft!

Aber was machen Sie nun, wenn Sie auf diesen ganzen Formular- und Papierkrieg keine Lust haben?

Auch nicht schlimm, es passiert nichts und Sie verpassen nichts, vor allen Dingen keinen Cent!

Die Lösung: sammeln Sie a l l e Steuerbescheinigungen und den gesamten Schriftverkehr, vor allen Dingen auch von Ihren ausländischen Bankinstituten!

Geben Sie darüber hinaus auch alle Zinsen, auf die vielleicht kein Steuerabzug vorgenommen wurde,  v o l l s t ä n d i g  an.

Das können sein: Zinsen auf Sparbücher, Zinsen bei der Bausparkasse, Dividenden auf Aktien und andere Beteiligungen, Zinsen auf private Darlehen, Zinsen die Mister Fiskus Ihnen auf Steuerguthaben gezahlt hat (ja, auch das soll vorkommen).

Also alle Zinsen, die Sie sich nur vorstellen können. Auch die, die Sie im Ausland bekommen. Lückenlos. Keine Kompromisse.

Und dann geben Sie diesen Berg an Informationen entweder Ihrem Steuerberater für Ihre Einkommensteuererklärung oder kämpfen sich mutig allein durch den Dschungel der Anlage KAP im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung, wenn Sie mögen.

Der große Vorteil dieser Aktion ist folgender:

Es gibt in der Anlage KAP ein Häkchen, das Sie unbedingt setzen sollten (oder auch zwei, bei gemeinsam veranlagten Ehegatten / Verpartnerten).
Dieses Häkchen nennt sich ‚Günstigerprüfung‘.

Trommelwirbel, tadaaaa!

Günstigerprüfung heißt: Ihr Steuerprogramm oder auch das Programm Elster http://www.elster.de der Finanzverwaltung prüft damit automatisch, welche Berechnung besser für Sie ist.

Eine Besteuerung der Zinserträge nach Ihrem persönlichen Steuersatz ist günstiger, wenn Ihr individueller Einkommensteuersatz unter 25 % liegt.

Eine Besteuerung der Zinserträge mit dem pauschalen Steuersatz von 25 % ist günstiger, wenn Ihr individueller Einkommensteuersatz über 25 % liegt.

Das zuviel Gezahlte wird Ihnen automatisch im Einkommensteuerbescheid wieder gutgeschrieben. So sind Sie sicher, nichts zu verlieren.

Aber Achtung! Die Günstigerprüfung dürfen Sie wirklich nur dann wählen, wenn Sie alle Zinserträge in Ihrer Einkommensteuererklärung vollständig angegeben haben, sonst nicht! Denken Sie immer daran, dass es kein Bankgeheimnis mehr gibt und die Banken alle Erträge an Mister Fiskus melden müssen, auch immer mehr ausländische Banken.

Die Ausnahmen:

Eine Anlage KAP müssen Sie auch immer dann abgeben, wenn

– Ihre Bank keinen Kirchensteuerabzug von den Zinserträgen vornahm, sofern Sie einer Religionsgemeinschaft angehören,

– Ihnen Zinsen zufließen, von denen nicht automatisch ein Steuerabzug vorgenommen wird, z. B. bei Darlehen zwischen Privatpersonen.

– der Fiskus Ihnen das Einkommensteuerguthaben aus Vorjahren mit Zinsen erstattet hat.

Ja ja, die Zinserträge … ein unerschöpfliches Thema, von dem wir auch in der Zukunft noch einiges hören werden.

Ihre Steuerberatung Andrea Fritsch

veröffentlicht 1. Dezember 2015